Experteninterview: Lohnt sich eine Lüftungsanlage für mein Haus?

Frau blickt aus dem Fenster

Lohnt sich eine Lüftungsanlage?

Foto: Bundesverband der Deutschen Heizungsindustrie e.V., Köln

Die kontrollierte Wohnraumlüftung spielt eine immer wichtigere Rolle – bei Neubauten, aber zunehmend auch bei Sanierungen von Altbauten. Doch lohnt sich diese Investition überhaupt? Welche Vorteile oder Nachteile bietet eine Lüftungsanlage im Haus und wie lebt es sich damit im Alltag?

Wir klären für Sie die wichtigsten Fragen rund ums Thema Lüftungsanlage. Lüftungsanlage − ja oder nein? Wir machen den Faktencheck.

Experteninterview

Fachverband Gebäude-Klima e.V., Bietigheim-Bissingen
Fachverband Gebäude-Klima e.V., Bietigheim-Bissingen

Die Mein EigenHeim-Online-Redaktion führte ein Interview mit Günther Mertz, Geschäftsführer des Fachverbandes Gebäude-Klima e.V.

Die kontrollierte Wohnraumlüftung spielt in den letzten Jahren eine immer wichtigere Rolle. Woher kommt dieser Trend?

Aus energetischen Gründen werden unsere Häuser immer besser gedämmt. Das heißt, sie werden luftdichter gebaut. Dadurch kann jedoch im Gebäude kein gewohnter Luftwechsel mehr stattfinden, sodass die Luft immer schlechter wird. Insbesondere die in Küche und Bad entstehende Feuchte kann dann nicht mehr abtransportiert werden.

Lüftungsanlagen sorgen für einen kontinuierlichen Luftwechsel im Haus. Dadurch wird eine Überfeuchtung der Räume vermieden und der Schimmelbildung vorgebeugt. Außerdem wird verhindert, dass in den Räumen eine zu hohe CO2-Konzentration entsteht.

Funktionsweise einer Lüftungsanlage
Die Grafik zeigt anschaulich die Funktionsweise einer Lüftungsanlage: Die Außenluft strömt über die Lüftungsanlage ins Haus, wird gefiltert und im Haus verteilt (Zuluft). Gleichzeitig wird die verbrauchte Abluft zurück nach außen befördert (Fortluft).
Bundesverband der Deutschen Heizungsindustrie e.V., Köln

Kann man nicht einfach per Hand lüften?

Um einen einwandfreien Luftwechsel zu gewährleisten, müssten die Fenster, je nach vorherrschendem Wind, alle zwei Stunden für mindestens 15 Minuten geöffnet werden. Das kann kein Bewohner in seinem Alltagsablauf realisieren. Lässt man das Fenster jedoch länger offen stehen, entweicht gerade in den Heizperioden viel Wärmeenergie, die man vorher durch aufwendiges Dämmen der Gebäudehülle im Innenraum gehalten hat. Mit einer mechanischen Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung lassen sich die Heizkosten gegenüber dem manuellen Lüften um 30 bis 50 Prozent verringern.

Optimal für sanierte Altbauten: Dezentrale Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung

Eine zentrale Lüftungsanlage ist optimal für den Neubau. Im Altbau wird der nachträgliche Einbau einer Lüftungsanlage allerdings in den meisten Fällen zu aufwändig und kostspielig sein. Hier bietet sich eine dezentrale Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung an. Sie lässt sich auch nachträglich oder nur in einzelnen Räumen installieren.

Hier erfahren Sie, wie eine eine dezentrale Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung funktioniert »

Darf ich die Fenster dann gar nicht mehr öffnen, wenn ich eine Lüftungsanlage im Haus habe?

Grundsätzlich können auch mit einer Lüftungsanlage die Fenster im Haus jederzeit geöffnet werden. Die Sorge, zu einem „Sklaven der Technik“ zu werden, ist unbegründet. Übrigens lässt es sich häufig beobachten, dass die Nutzer nach einer kurzen Eingewöhnungsphase die Fenster von selbst nur noch selten öffnen. Denn ganz automatisch lernen sie auch die Vorteile zu schätzen, wie verbesserten Lärmschutz, Insektenschutz, kein Kaltlufteinfall und verbesserter Einbruchschutz.

Ist die frische Luft, die durch das offene Fenster einströmt, nicht gesünder als die Zuluft aus der Lüftungsanlage?

Im Gegenteil: Das Filtersystem in der Lüftungsanlage reinigt die Außenluft von Schmutz und Staub. Man muss nur mal einen Filter nach einem halben Jahr im Einsatz anschauen. Man wird nicht glauben, wieviel Schmutz dort aufgefangen wurde und damit nicht in die Raumluft gelangt ist. Gerade für Pollenallergiker ist die mechanische Wohnungslüftung ein Segen, da die Pollen durch die moderne Filtertechnologie zurückgehalten werden.

Denken Sie auch an die Schadstoffe, die in unserem Wohnalltag durch Ausdünstungen von Bodenbelägen, Möbeln und Reinigungsmitteln permanent an die Raumluft abgegeben werden. Eine Lüftungsanlage im Haus kann durch den kontinuierlichen Luftaustausch diesen Schadstoffgehalt erheblich minimieren.

Filterwechsel bei der Lüftungsanlage
Bundesverband der Deutschen Heizungsindustrie e.V., Köln

Neuer Filter

schmutziger Filter Lüftungsanlage
Bundesverband der Deutschen Heizungsindustrie e.V., Köln

Filter im Einsatz

Eine direkte Gegenüberstellung der Vor- und Nachteile von manueller Fensterlüftung versus automatischer Wohnungsbelüftung mittels Lüftungsanlagen finden Sie hier: Im Vergleich: Lüftungsanlage oder Fensterlüftung? »

Können Lüftungsanlagen auch Schimmelbildung verhindern?

Regelmäßiges Lüften und damit ein Abtransport der Feuchte im Gebäude ist eine Grundvoraussetzung, um Schimmelpilze zu vermeiden. Gerade die unsichtbaren Sporen des Wohnungsschimmels sind äußerst schädlich für die Gesundheit. Lüftungsanlagen sorgen im Haus für einen regelmäßigen Luftaustausch und tragen somit auch dazu bei, Schimmelpilze zu vermeiden.

Das Diagramm zeigt, bei welchen Haushaltsaktivitäten am meisten Feuchtigkeit und Dampf entsteht.

Zieht es mit einer Lüftungsanlage nicht ständig im Haus?

Der Luftaustausch mit Lüftungsanlagen erfolgt kontinuierlich und in aller Regel in geringerer Menge als bei der Fensterlüftung. Die Luft „bewegt“ sich also nur mit einer geringen Geschwindigkeit durch die Wohnräume. So können keine Zugerscheinungen oder störende Kaltluftströmungen auftreten.

Verursacht die Lüftungsanlage störende Geräusche?

Generell arbeiten Lüftungsanlagen von Qualitätsherstellern mit sehr leisen Ventilatoren. Die Luftverteilsysteme zentraler Anlagen sind zudem schallentkoppelt, sodass eine Geräuschübertragung auf umliegende Räume verhindert wird. Außerdem kann eine Lüftungsanlage mit verschiedenen Regelungsstufen an die augenblicklichen Anforderungen angepasst werden, beispielsweise Nachtlüftung, Normallüftung oder Partylüftung.

Wird die Luft im Winter dann nicht zu trocken?

Es macht keinen Unterschied, ob die Luft durchs Fenster oder durch die Lüftungsanlage ins Haus kommt - die Luft im Winter ist immer trocken. Für besonders empfindsame Bewohner sind Lüftungsgeräte mit Feuchterückgewinnung eine gute Lösung. Diese Modelle gewinnen neben der Wärme auch einen Teil der Luftfeuchte aus der Abluft zurück, die Raumluft trocknet dadurch weniger aus. Es ist auch möglich, in die Lüftungsanlage ein Befeuchtungssystem zu integrieren, das vor Erkältungskrankheiten schützen kann.

Wie kann der Bewohner sicherstellen, dass seine Lüftungsanlage hygienisch einwandfrei funktioniert?

Wichtig ist, regelmäßig die Filter zu kontrollieren und bei Bedarf zu reinigen oder auszutauschen. Generell sind moderne Lüftungsgeräte sehr bedienerfreundlich und wartungsarm. Je nach Belastung sollte alle paar Jahre eine fachmännische Inspektion und Reinigung durchgeführt werden.

So sparen Sie beim Einbau einer Lüftungsanlage

Der Einbau einer Lüftungsanlage wird staatlich bezuschusst, da sich damit Energie sparen lässt. Auf der Website der Wüstenrot Bausparkasse finden Sie einen guten Überblick über die aktuelle Förderung für Lüftungsanlagen »