Serielles Sanieren: So funktioniert die innovative Methode
Serielle Sanierung auch fürs Einfamilienhaus
Mit konventionellen Mitteln geht die energetische Sanierung alter Häuser bislang nur eher schleppend, in langwieriger Kleinarbeit auf der Baustelle, voran. Das ist häufig ineffizient, wenig nachhaltig und teuer.
Serielles Sanieren könnte schon bald eine Revolution in der Gebäudesanierung einläuten. Denn dabei entfällt die aufwändige Kleinarbeit vor Ort − stattdessen werden im Werk passgenaue, hocheffiziente Bauteile für Fassade oder Dach vorgefertigt, die auf der Baustelle nur noch angebracht werden müssen. Sanierungen können so deutlich schneller, effizienter und kostengünstiger umgesetzt werden.
Hier erfahren Sie, wie das innovative Verfahren funktioniert − sogar für Einfamilienhäuser.
Das erfahren Sie in diesem Artikel:
- Was ist serielle Sanierung?
- Beispiel Einfamilienhaus: So funktioniert serielles Sanieren in der Praxis
- Vor- und Nachteile serieller Sanierung
- Für welche Häuser eignet sich die serielle Sanierung?
- Welches Potenzial hat serielle Sanierung in Deutschland?
- Serielles Sanieren: Seit 2023 von der KfW gefördert
Was ist serielle Sanierung?
Beim seriellen Sanieren sollen alte Häuser schneller auf einen guten energetischen Standard gebracht werden. Die aufwändige Kleinarbeit vor Ort auf der Baustelle wird ersetzt durch die industrielle Vorfertigung passgenauer Bauteile. In Fertigungshallen werden die hocheffizienten Module für Dach und Fassade vorproduziert, anschließend zum Gebäude gebracht und mithilfe eines Baukrans montiert.
Für Neubauten gibt es das schon lange: Fertighausunternehmen und Zimmereibetriebe machen es seit Jahrzehnten erfolgreich vor. Sie produzieren Bauteile im Werk in Serie und fügen diese auf der Baustelle dann präzise und schnell zu Neubauten zusammen. Dieses Prinzip des seriellen Bauens auf die energetische Ertüchtigung von Bestandsgebäuden zu übertragen, ist die Grundidee der seriellen Sanierung.
Serielles Sanieren wird von der Politik gefördert
Um die Klimaziele bis 2045 zu erreichen, muss der Gebäudebestand in Deutschland umfassend energetisch saniert werden. Mit konventionellen Mitteln geht das bislang nur schleppend voran. Mit seriellen Sanieren soll das Tempo jetzt beschleunigt werden.
Beispiel Einfamilienhaus: So funktioniert serielles Sanieren in der Praxis
Damit serielles Sanieren funktioniert, muss das Haus genau vermessen und "digitalisiert" werden, damit die benötigten Sanierungsmodule passgenau produziert werden können. Je genauer und automatisierter dieser Prozess abläuft, desto besser funktioniert die serielle Sanierung.
In Deutschland wagt sich bislang nur eine Handvoll Komplettanbieter an das serielle Sanieren für private Bauherren heran. Dieses private Wohnhaus in Oettingen ist eines der ersten, das mit vorgefertigten Bauteilen seriell saniert wurde. Der Baukran liefert die vorgefertigten Bauteile direkt auf der Baustelle an, im Anschluss werden diese direkt verbaut.
Vorfertigung von Bauteilen erfordert genaues Messen
Zunächst wird das Bauwerk von der Sanierungsfirma besichtigt und der genaue Sanierungsrahmen sowie die Kosten festgelegt.
Mit einem 3-D-Vermessungssystem wird anschließend ein „digitaler Zwilling“ des Gebäudes erstellt, nach dem die Holzrahmenelemente präzise vorfertigt werden können. Innerhalb weniger Wochen ist die Sanierung abgeschlossen, ohne dass die Bauherren dafür ausziehen müssten.
Hier werfen wir einen Blick in die Produktionshalle, in der die Holzrahmenelemente vorgefertigt und in Serie produziert werden.
Auf der Baustelle erfolgt dann nur noch die Montage.
Das Ergebnis: Die Fassade des Altbaus nach der Sanierung hat Neubauqualität.
Vor- und Nachteile serieller Sanierung
Die serielle Sanierung steckt in Deutschland noch in den Kinderschuhen. Bislang gibt es nur wenige Anbieter.
Grundsätzlich bietet die Methode aber viele Vorteile gegenüber klassischen Wärmedämmverbundsystemen (die häufig beim energetischen Nachrüsten von Altbauten zum Einsatz kommen): Denn die seriell gefertigten Elemente bieten eine Komplettlösung: hochwärmegedämmt, mit bereits integrierten Fenstern samt Rollladenkästen, wahlweise ausgestattet mit PV-Modulen sowie mit Lüftungsleitungen und anderer Haustechnik.
Da die Fenster bereits korrekt in der Dämmebene integriert sind (und nicht wie beim Wärmedämmverbundsystem außerhalb liegen), sind serielle Sanierungsbauteile auch bauphysikalisch besser. Außerdem wird so die „Schießscharten-Optik“ vermieden, die bei Wärmedämmverbundsystemen durch die tief liegenden Fenster entsteht.
Je mehr Schritte in diesem Prozess digitalisiert und automatisiert werden, umso effizienter ist die Sanierung. Innerhalb weniger Wochen Bauzeit und ohne dass die Bewohner das Haus dafür räumen müssen, sollen maßgeschneiderte Fertigelemente für die Gebäudehülle selbst „Worst Performing Buildings“ in energieeffiziente, komfortable und architektonisch ansprechende Häuser verwandeln.
Die Idealvorstellung: Per digitalisiertem Planungs- und Bauprozess und mit innovativen Finanzierungsmodellen werden Gebäude innerhalb weniger Wochen auf „NetZero-Standard“ gebracht. Sie erzeugen damit im Jahresmittel mindestens so viel erneuerbare Energie, wie sie für Heizung, Warmwasser und Strom benötigen.
So gehen Sie bei einer Sanierung am besten vor
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Für welche Häuser eignet sich die serielle Sanierung?
Momentan liegt der Fokus der seriellen Sanierung in Deutschland noch auf Lösungen für Mehrfamilienhäuser der 1950er- bis 1970er-Jahre. Sie haben meist glatte Fassaden ohne Vor- und Rücksprünge. Sie eignen sich darum besonders gut für die digitale Vermessung und können anschließend mit geometrisch sehr einfachen Sanierungsbauteilen ausgestattet werden.
Nach und nach wollen die Entwickler aber auch komplexere „Baukästen“ mit Modulen für Erker und Dachgauben erstellen, die mit hoher Designqualität für attraktive Architekturdetails sorgen sollen.
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Welches Potenzial hat serielle Sanierung in Deutschland?
Momentan gibt es in Deutschland nur erste Pilotprojekte zum seriellen Sanieren, die relativ viel Zeit benötigen und auch noch vergleichsweise teuer sind.
Aber: Mit zunehmender Erfahrung aller Beteiligten wird nicht nur mit deutlich kürzeren Bauzeiten, sondern auch mit geringeren Sanierungskosten gerechnet. In den Niederlanden, wo bereits rund 5.000 sogenannte "Energiesprong"-Projekte realisiert worden sind (dazu gleich mehr), liegt laut Dena die Einsparung zwischen 30 und 50 Prozent.
Vorbild Niederlande: Der "Energiesprong" kommt nach Deutschland
2013 wurde in den Niederlanden das sogenannte „Energiesprong“-Prinzip zur seriellen Sanierung von Bestandsgebäuden entwickelt, mit dem Energieeffizienz und Klimaschutz zügig in der Masse umsetzbar gemacht werden konnten.
Ein Blick in unsere Nachbarländer zeigt: Das Prinzip eignet sich auch gut für kleinere Wohngebäude. In Großbritannien und den Niederlanden wurden bereits mehrere Tausend Reihenhäuser seriell saniert.
In Deutschland stellte die Deutsche Energie-Agentur Anfang 2021 das erste deutsche Energiesprong-Pilotprojekt in Hameln fertig. Heute erzeugen die seriell sanierten Häuser im klimaneutralen „NetZero-Standard“ genauso viel Energie, wie die 12 Mietparteien für Heizung, Strom und Warmwasser benötigen.
Video: Energiesprong in Deutschland: erstes Pilotprojekt in Hameln
Die Dena zeigt sich jedenfalls sehr zuversichtlich, dass sich das serielle Sanieren hierzulande gut entwickeln wird und strebt ein exponentielles Wachstum mit jährlich rund 200.000 sanierten Wohneinheiten an – private Einfamilienhäuser mit eingeschlossen.
Im Idealfall lassen sich mit laut Umweltbundesamt mit serieller Sanierung in Zukunft mehrere politische Ziele gleichzeitig verfolgen. So könnten ...
- ... die Klimaziele im Gebäudesektor erreicht werden,
- ... die Sanierungskosten gesenkt werden,
- ... die Baubranche einen Innovationsschub bekommen.
Bewertung
Experten sehen die serielle Sanierung als vielversprechenden Ansatz, um die angestrebten Klimaziele bis 2045 zu erreichen: Da der Altbaubestand für rund ein Drittel aller CO₂-Emissionen verantwortlich ist, die Sanierungsrate aber bei nur einem Prozent stagniert, benötigen wir dringend neue Sanierungslösungen, die einfacher, schneller und wirtschaftlicher sind als die Maßnahmen bisher.
Vor allem Mehrfamilienhäuser der 1950er- bis 1970er-Jahre stecken im Sanierungsstau. Sie sind schlecht gedämmt und verbrauchen bis zu 5-mal mehr Energie als eigentlich technisch nötig wäre. Ein Sanierungsturbo wäre hier Gold wert.
Serielles Sanieren: Seit 2023 von der KfW gefördert
Zum Jahresbeginn 2023 hat die Bundesregierung einen Bonus für serielles Sanieren auch für Privatleute eingeführt. Hier geht's direkt zur KfW-Förderung für Serielles Sanieren »
Wer einen Altbau zum KfW-Effizienzhaus 40 oder 55 saniert und dabei vorgefertigte Elemente für die Gebäudehülle verwendet, erhält zur Standardförderung einen Tilgungszuschuss in Höhe von 15 Prozent dazu. Je nach Baumaßnahme rechnet sich das auf alle Fälle.
Eine aktuelle Zusammenstellung der Fördergelder für Sanierungen finden Sie auch auf der Website der Wüstenrot Bausparkasse: Staatliche Förderungen und Zuschüsse für Sanierungen »