Gemeinschaftliche Gebäudeversorgung: Solarstrom auch für Mieter

Photovoltaik auf Mehrfamilienhäusern
Solarstrom auch für Mieter direkt vom eigenen Dach – was bisher als sogenannter Mieterstrom nur mit hohem bürokratischem Aufwand möglich war, ist dank der neuen Gemeinschaftlichen Gebäudeversorgung (GGV) nun sehr viel einfacher möglich.
Doch wie funktioniert das genau? Welche Vorteile bringt es – und welche Herausforderungen sind damit verbunden? In diesem Artikel erfahren Sie alles Wichtige über die Gemeinschaftlichen Gebäudeversorgung – und warum sie die Zukunft der Stromversorgung für Mehrfamilienhäuser sein könnte.
Das erfahren Sie in diesem Artikel:
- Was steckt hinter der Gemeinschaftlichen Gebäudeversorgung?
- So funktioniert die Gemeinschaftliche Gebäudeversorgung
- Wie wird der Strom gerecht verteilt?
- Vorteile der Gemeinschaftlichen Gebäudeversorgung
- Herausforderungen der Gemeinschaftlichen Gebäudeversorgung
- Fazit: Die Gemeinschaftliche Gebäudeversorgung als Chance für Mieter und Eigentümer
Gemeinschaftliche Gebäudeversorgung auf einem Blick
- Bewohner von Mehrfamilienhäusern können jetzt einfacher und unbürokratischer Solarstrom vom eigenen Dach nutzen.
- Gebäudestromnutzungsverträge regeln, wer wieviel Solarstrom bekommt. Jeder kann individuell entscheiden, ob er am Modell teilnehmen oder beim bisherigen Stromanbieter bleiben möchte.
- Smart Meter schaffen die technische Voraussetzung, damit der Stromverbrauch exakt erfasst und verteilt werden kann.
Was steckt hinter der Gemeinschaftlichen Gebäudeversorgung?
Die Gemeinschaftliche Gebäudeversorgung macht es möglich, Photovoltaikanlagen auf Mehrfamilienhäusern zu installieren und den erzeugten Solarstrom direkt an die Mieter bzw. Bewohner zu verteilen. Das neue Modell wurde mit dem Solarpaket I im Jahr 2024 eingeführt.
Der entscheidende Vorteil gegenüber dem Mieterstrom-Modell: Der Vermieter muss nicht als Stromversorger auftreten. Dadurch wird die Umsetzung deutlich einfacher und attraktiver. Gleichzeitig profitieren die Mieter von sauberem, kostengünstigem Solarstrom – ohne eine eigene Anlage betreiben zu müssen. Das öffentliche Stromnetz bleibt als Backup-Lösung weiterhin mit dem Haus und den Bewohnern verbunden.
Solarpaket I
Das Solarpaket I ist ein Gesetzespaket, das im April 2024 vom Bundestag verabschiedet wurde, mit Inkrafttreten der meisten Regelungen am 16. Mai 2024. Es zielt darauf ab, den Ausbau von Photovoltaikanlagen zu beschleunigen und bürokratische Hürden zu reduzieren, insbesondere für Balkonkraftwerke und größere PV-Anlagen. Ein zentraler Bestandteil ist die Einführung der Gemeinschaftlichen Gebäudversorgung, die speziell für Mehrfamilienhäuser entwickelt wurde, um die Nutzung von Solarstrom zu erleichtern.
So funktioniert die Gemeinschaftliche Gebäudeversorgung
Eine Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) kann gemeinschaftlich entscheiden, eine Photovoltaikanlage auf ihrem Gebäude zu installieren. Doch auch Vermieter haben die Möglichkeit, ihren Mietern Solarstrom zugänglich zu machen. Sogar Dritte oder Gewerbetreibende können als Betreiber einer PV-Anlage fungieren – das Gesetz lässt hier verschiedene Möglichkeiten offen.
Praktisch läuft es so ab, dass der Betreiber der Anlage Gebäudestromlieferverträge mit den teilnehmenden Bewohnern oder gewerblichen Nutzern abschließt. Diese Verträge regeln auch die Aufteilung des erzeugten Stroms zwischen den Parteien und stellen sicher, dass die Verteilung transparent und fair erfolgt.
Sobald die PV-Anlage in Betrieb ist, wird der erzeugte Solarstrom direkt an die Bewohner des Gebäudes verteilt – sei es an Eigentümer oder Mieter.

Wie wird der Strom gerecht verteilt?
Ein Verteilungsschlüssel regelt, wie viel Solarstrom jeder Haushalt erhält. Dieser Schlüssel wird zwischen dem Betreiber der Anlage und den teilnehmenden Haushalten individuell vereinbart.
Es gibt zwei Arten von Verteilungsschlüsseln:
1 Statischer Schlüssel
Hier werden feste Anteile festgelegt – zum Beispiel basierend auf der Wohnfläche oder der Anzahl der Bewohnerinnen und Bewohner. Eine Wohnung mit 50 Quadratmetern könnte also mehr Solarstrom erhalten als eine mit 30 Quadratmetern.
2 Dynamischer Schlüssel
Dieser passt sich in Echtzeit an den tatsächlichen Verbrauch an. Das bedeutet: Wer gerade mehr Strom verbraucht, bekommt auch mehr Solarstrom.
Beispiel: So funktioniert die Stromverteilung in der Praxis
Angenommen, ein Mehrfamilienhaus verfügt über eine Solaranlage mit 10 kWp Leistung. An einem sonnigen Tag erzeugt die Anlage 50 kWh Strom. Bei drei Wohnungen im Haus könnte der statische Verteilungsschlüssel festlegen, dass jede Wohnung ein Drittel des erzeugten Stroms erhält – also 16,7 kWh pro Wohnung.
Doch was passiert, wenn eine Wohnung gerade keinen Strom verbraucht, weil die Bewohner bei der Arbeit sind? Hier kommt der dynamische Schlüssel ins Spiel: Wenn eine Wohnung gerade keinen Strom benötigt, bleibt die verfügbare Energie zunächst innerhalb des Hauses. Haushalte, die aktuell mehr Strom verbrauchen, können diesen direkt beziehen. Erst wenn der erzeugte Strom den Bedarf im Haus übersteigt, wird der Überschuss ins Netz eingespeist. Dieses System sorgt dafür, dass der Solarstrom optimal genutzt und der Bezug aus dem öffentlichen Netz minimiert wird.
Was passiert, wenn der Solarstrom nicht ausreicht?
Reicht der erzeugte Strom nicht aus, können die Haushalte jederzeit zusätzlichen Strom von ihrem regulären Energieversorger beziehen. Die Wahl des Stromanbieters bleibt dabei völlig frei – ebenso wie die Entscheidung, ob man am Modell teilnimmt.
Und wenn mehr Solarstrom produziert wird?
Wird mehr Solarstrom erzeugt, als im Gebäude verbraucht wird, kann der überschüssige Strom ins öffentliche Netz eingespeist und nach den Regelungen des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) vergütet werden.

Balkonkraftwerk: Was müssen Mieter und Vermieter beachten?
Mit einem Balkonkraftwerk können Mieter noch einfacher Sonnenstrom nutzen. Der Vermieter darf seine Zustimmung nicht verweigern. Dennoch gilt es einiges zu beachten. Mehr dazu in unserem Ratgeber: Balkonkraftwerk: Was müssen Mieter und Vermieter beachten?
Vorteile der Gemeinschaftlichen Gebäudeversorgung
Die Gemeinschaftliche Gebäudeversorgung bietet viele Vorteile für Mieter und Vermieter:
- Kosteneinsparungen: In vielen Fällen ist selbst erzeugter Solarstrom günstiger als Netzstrom, da Netzentgelte und einige Umlagen entfallen. Die tatsächliche Ersparnis hängt jedoch von der Größe der PV-Anlage, den Investitionskosten und dem Eigenverbrauch ab.
- Einfache Umsetzung: Da die Vermieter nicht als Stromversorger registriert werden müssen, entfallen viele bürokratische Hürden. Das spart Zeit und Kosten. Beim Mieterstrom-Modell muss der Vermieter als Stromversorger registriert werden und eine Vollversorgung gewährleisten, was mit erheblichem administrativem Aufwand verbunden ist. Bei der GGV entfällt diese Pflicht, was die Umsetzung erheblich vereinfacht.
- Unabhängigkeit: Mieter sind weniger abhängig von steigenden Strompreisen und großen Energieanbietern. Das sorgt für finanzielle Planungssicherheit.
- Flexibilität: Jede Mietpartei kann frei entscheiden, ob sie an der Gemeinschaftlichen Gebäudeversorgung teilnimmt oder nicht. Wer nicht mitmacht, bleibt einfach bei seinem bisherigen Stromversorger.
- Umweltschutz: Solarenergie ist eine saubere und erneuerbare Energiequelle. Durch die Nutzung von Solarstrom tragen Mieter zum Klimaschutz bei und reduzieren den CO₂-Ausstoß.
Beispiel: Wie viel kann man sparen?
Angenommen, der Strompreis aus dem Netz liegt bei 30 Cent pro Kilowattstunde, während der Solarstrom vom Dach nur 15 Cent pro Kilowattstunde kostet. Wenn eine Wohnung monatlich 200 Kilowattstunden Solarstrom nutzt, ergibt sich folgende Ersparnis:
(200 kWh × (0,30 € - 0,15 €) = 30 €)
30 Euro pro Monat gespart
Auf ein Jahr gerechnet bedeutet das 360 Euro weniger Stromkosten – ein spürbarer Vorteil für Mieter bzw. für die Eigentümer. Die tatsächliche Ersparnis hängt von mehreren Faktoren ab, darunter der Eigenverbrauchsquote, den lokalen Sonnenstunden und möglichen Investitionskosten für die PV-Anlage. Dennoch kann sich die Nutzung von Solarstrom langfristig finanziell lohnen.
Herausforderungen der Gemeinschaftlichen Gebäudeversorgung
Trotz der vielen Vorteile gibt es auch Herausforderungen, die bei der Umsetzung der Gemeinschaftlichen Gebäudeversorgung berücksichtigt werden müssen.
- Technische Anforderungen: Die Installation von Smart Metern ist für eine faire Stromverteilung notwendig. Die Smart Meter müssen präzise arbeiten, um eine faire und transparente Verteilung des Solarstroms zu gewährleisten.
- Vertragsgestaltung: Die Erstellung von Gebäudestromnutzungsverträgen kann kompliziert sein. Es muss genau geregelt werden, wer welche Kosten übernimmt, wie der Strom verteilt wird und welche Maßnahmen bei einem technischen Ausfall greifen.
- Fehlende finanzielle Anreize: Im Gegensatz zu anderen Modellen wie der Einspeisevergütung oder dem Mieterstromzuschlag gibt es für die Gemeinschaftliche Gebäudeversorgung keine zusätzlichen staatlichen Förderungen. Das kann die Anfangsinvestition zumindestens für Vermieter weniger attraktiv machen.
- Akzeptanz: Nicht alle Mieter sind bereit, an der Gemeinschaftlichen Gebäudeversorgung teilzunehmen. Manche möchten vollständig bei ihrem bisherigen Stromversorger bleiben oder haben Bedenken hinsichtlich der Kosten und Technik.
Fazit: Die Gemeinschaftliche Gebäudeversorgung als Chance für Mieter und Eigentümer
- Die Gemeinschaftliche Gebäudeversorgung (GGV) ermöglicht es Mietern und Wohnungseigentümern, Solarstrom direkt vom Dach ihres Hauses zu beziehen – ohne bürokratische Hürden und häufig günstiger als mit Netzstrom.
- Die wichtigste technische Voraussetzung ist die Installation von Smart Metern, damit die Stromerzeugung und der Verbrauch transparent und präzise erfasst werden können.
- Die Verteilung des Solarstroms erfolgt nach einem vorher festgelegten Schlüssel, der in Gebäudestromnutzungsverträgen festgelegt wird.
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