Vor der Sanierung: So sah die stark sanierungsbedürftige Doppelhaushälfte bei der Besichtigung der Denekes aus. Schnell war klar: Hier gab es einiges zu tun!
Sanierungssprint: "Unser Haus wurde in 22 Tagen komplett saniert"

Novum in Deutschland
Eigentlich suchte Familie Deneke einfach nur ein Häuschen mit Garten. Wie daraus eine bundesweit beachtete Pilot-Sanierung wurde und was die Beteiligten dabei erlebt haben, lesen Sie in diesem Erfahrungsbericht aus Hamburg. Wir begleiteten Familie Deneke und 60 motivierte Handwerker auf ihrem Sanierungssprint, der erstmals so in Deutschland umgesetzt wurde: Binnen 22 Tagen wurde das Haus komplett mit allem drum und dran saniert.
Das Erfolgsgeheimnis: Ein straff durchgetakteter Bauzeitenplan und effizient koordinierte Gewerke. Mit dem innovativen Konzept können Sanierungen künftig einfacher, schneller und bis zu 30 Prozent günstiger als konventionelle Sanierungen durchgeführt werden.
Das erfahren Sie in diesem Artikel:
Wie Familie Deneke dazu kam, ihr Haus in 22 Tagen zu sanieren
Es fing ganz unspektakulär an: Die Drei-Zimmer-Eigentumswohnung von Sina und Johannes Deneke war mit Sohn Henry, heute sechs Jahre alt, zu klein geworden. Doch die Suche nach einem Häuschen erwies sich im Jahr 2022 als hoffnungsloses Unterfangen: Horrende Preise und der plötzliche Zinsanstieg – die Denekes hatten schon aufgegeben, als ihnen ein Freund vor zwei Jahren einen Immoscout-Link schickte. Dahinter verbarg sich laut Johannes Deneke „eine etwas verwunschene und heruntergekommene Doppelhaushälfte“ aus den 1960er-Jahren weit im Hamburger Norden.
„Immerhin ideal für die Kinder“, dachten sich die Denekes – inzwischen verstärkte Henrys Schwester Helen die Familie. Also auf nach Duvenstedt, das 125-Quadratmeter-Haus angeschaut – und schnell erkannt, dass da einiges drinsteckt: nettes Haus, netter Garten, nette Nachbarschaft ...
Sanierungssprint: Eine Vorher-Nachher-Verwandlung in 22 Tagen
Nach der Sanierung: Binnen 22 Tagen wurde das Doppelhaus komplett durchsaniert − inklusive neuer Dämmung, Heizung, PV-Anlage, neuem Dach, neuen Fenstern und Türen, neuen Sanitär- und Elektroanlagen, erneuerter Fassade und Innenausbau.
Rechnet sich das?
Sofort setzte auch das betriebswirtschaftliche Denken von Reisekauffrau Sina und Vertriebsmanager Johannes ein: Zum Kaufpreis addierten sie im Geiste die absehbaren Sanierungskosten. Die umfassten sowohl die gewünschte Aufwertung des nur einfach ausgebauten Dachgeschosses als auch die energetische Sanierung. Mitten in der Energiekrise wollten die Denekes lieber Nägel mit Köpfen machen und anstelle der alten Ölheizung auf eine zukunftsfähige Heiztechnik setzen.
Der Kaufpreis für das Anwesen lag im Rahmen. Da die Denekes beim Verkauf ihrer bisherigen, zentrumsnah gelegenen Eigentumswohnung vom Immobilienboom profitiert hatten, blieb im Etat noch Luft für die angestrebte Komplettsanierung. „Im Mai 2023 ging der Kauf über die Bühne, dann gingen wir in aller Ruhe mit der Renewa an die Planung des Vorhabens“, berichtet Johannes Deneke.
Kostentafel
Sanierungskosten: ca. 250.000 Euro
(Förderzuschuss: 59.600 Euro inkl. 37.500 Euro Tilgungszuschuss)
- Dach: Dämmung, Neueindeckung, Einbau Gaube (ca. 55.000 Euro)
- Fassade: Sockeldämmung, Wärmedämmverbundsystem, Putz, Anstrich (ca. 40.000 Euro)
- 3fach verglaste Fenster, Haustür, Entsorgung alter Bauteile (ca. 30.000 Euro)
- Heizung: Luft-Wärmepumpe, Puffer- und Warmwasserspeicher, Fußbodenheizung, Heizungsoptimierung, Öltankentsorgung (ca. 50.000 Euro)
- PV-Anlage (ca. 17.000 Euro)
- Lüftungsanlage (ca. 13.000 Euro)
- Ausbau von 3 Bädern, Sanitärmontage, neue Wasserleitungen (ca. 35.000 Euro)
Zahlen, Daten, Fakten
- Baujahr: 1963
- Sanierung: 8. September bis 10. Oktober 2023
- Wohnfläche: vorher 125 m², nachher 130 m²
- Energiestandard nach der Sanierung: KfW 70 EE
Und dann kommt plötzlich Zeitdruck auf ...
Doch kaum hatte das Hamburger Energieberatungs- und Sanierungsunternehmen Renewa einen Sanierungsfahrplan erstellt, wurden die Karten neu gemischt. Bei der Renewa war eine interessante Anfrage eingegangen: „Referenzobjekt für einen Sanierungssprint gesucht!“ Ein Altbau sollte in wenigen Wochen in ein KfW-Effizienzhaus verwandelt werden. Das Objekt der Denekes schien geeignet – und die neuen Besitzer ließen sich nach einigen Überlegungen auf den Deal ein.
Dabei war klar, was das bedeutet: Der Sanierungssprint musste aus Witterungsgründen bis Mitte Oktober beendet sein. So blieben die Sommermonate für die gesamte Vorbereitung: Handwerkersuche, Planung und Produktauswahl bis ins Detail – denn bei einem derart ehrgeizigen Projekt würde während der laufenden Arbeiten kaum improvisiert werden können.
„Als wir online die Badfliesen ausgesucht haben, saßen wir im Urlaub auf einem Campingplatz in Frankreich“, erzählt Johannes Deneke. Nicht zu vergessen: Bis zum Start des Sprints am 8. September 2023 entkernte das Ehepaar zusammen mit Freunden in Eigenleistung das komplette Haus.
Der Startschuss fällt: Ablauf des Sanierungssprints
Ausdrücklich lobt der Bauherr die akribischen Vorgespräche, die exakte, digitalisierte Planung und die kollegiale Atmosphäre unter den Handwerkern. Für die sorgte die Renewa unter anderem durch das tägliche Catering: Ein lokaler Anbieter brachte mittags warme Mahlzeiten auf die Baustelle – die Handwerker saßen zusammen und klärten nebenbei viele Details.

Baubegleitung
Den Bauingenieur Ronald Meyer (Bild) führte seine jahrzehntelange Sanierungserfahrung zur „Erfindung“ des Sanierungssprints. Ohne die klare Regie von ihm und Lion Horlacher von der Renewa (Energieberatung und Fachplanung) hätte der Sanierungssprint nicht so reibungslos geklappt.
Die beruflich eingespannten Denekes selbst waren während des Sprints gar nicht so oft vor Ort. „Allerdings hat in dieser Zeit mein Telefon sehr häufig geklingelt“, erinnert sich Johannes Deneke. Zig Detailfragen mussten beantwortet werden, am besten sofort. Und ausgerechnet während der Dacharbeiten gab es den einzigen Regentag. Zum Glück konnte das Dach noch rechtzeitig geschlossen werden.
Eigenleistungen sind während des Sprints nur an arbeitsfreien Tagen möglich. Die Denekes organisierten an fast allen Samstagen sowie am 3. Oktober Einsätze, um die Kellerdecke zu dämmen oder Bodenbeläge zu verlegen. Diese Eigenleistungen waren mit den Profis vorher so abgesprochen.

Jan Roloff, Geschäftsführer eines 30-Personen-Zimmerei- und Tischlereibetriebs gibt freimütig zu: "Ich hätte nicht gedacht, dass das klappt.“ Die Größe seines Betriebs erlaubte ein gewisse Improvisation bei der Einteilung der Mitarbeiter vor Ort. „Bei den zentralen Sanierungsgewerken sind größere Betriebe im Vorteil“, so Roloff.

Stephanie Schultz ist mit ihrem Malerbetrieb eine „One-Woman-Show“. Sie kam über die Bauherren zum Sanierungssprint und fand ihn „total spannend“. Sina Deneke entwickelte mit ihr das Farbkonzept fürs Haus und wollte sie unbedingt beim Sprint dabeihaben.
Straff durchgetakteter Bauzeitenplan
Herzstück des Sanierungssprints war der gut vorbereitete Bauzeitenplan. Er gibt exakt vor, wann welches Gewerk auf der Baustelle zu erledigen war. Dank akribischer Vorbereitung klappte das erstaunlich gut!

Bildergalerie Sanierungssprint: 22 Tage im Zeitraffer
Bilder: Ronald Meyer
Film-Tipp: Traumhaus in 4 Wochen – Die Turbosanierung
Der NDR begleitete die Denekes bei ihrem Sanierungssprint. Über die ARD-Mediathek können Sie sich die dreiteilige Reportage kostenlos ansehen »
Der Vorher-Nachher-Vergleich zeigt: Auch innen hat sich der Sanierungssprint mehr als gelohnt
Vorher: Blick ins düstere Dachgeschoss, noch mit holzvertäfelten Decken und unzureichender Dämmung.
Nachher: Neue Böden und Wände sorgen für mehr Wohnlichkeit, teils wurden sogar Wände entfernt.
Sanierungssprint: Ein Zukunftsmodell?
Der Sanierungssprint, den wir auf der Pilotbaustelle von Familie Deneke begleiteten, ist Gegenstand einer Studie der Agora Energiewende, des Instituts für Baubetriebslehre der Universität Stuttgart und des ifeu (Institut für Energie- und Umweltforschung).
Wissenschaftliche Begleitung des Sanierungssprints
Welche Potenziale kann der Sanierungssprint erschließen und was sollte die Politik dafür tun? Dazu wurden die Ergebnisse der Pilotbaustelle von Familie Deneke ausgewertet und Handlungsempfehlungen abgeleitet.
Interessierte können die Ergebnisse hier nachlesen: Der Sanierungssprint für Ein- und Zweifamilienhäuser – Potenzial und Politikinstrumente für einen innovativen Ansatz zur Gebäudesanierung (2024) »
Ziel war es, ein Konzept zu erarbeiten, mit dem Sanierungen einfach, schnell und bezahlbar durchgeführt werden können. Das gelingt so:
- Optimierung des Sanierungsprozesses: durch einen stundengenauen Bauzeitenplan, bessere Koordination sowie effiziente Planungs- und Logistikprozesse.
- Kostensenkungen: Eine flächendeckende Umsetzung des Konzepts ermöglicht durch die Prozessoptimierungen Kostensenkungen von rund 30 Prozent.
Die Auswertung der Pilotbaustelle und Potenzialermittlung erfolgte durch die Uni Stuttgart als Unterauftragnehmerin der DENEFF. Das ifeu-Institut leitete daraus die politischen Handlungsempfehlungen für eine bundesweite Skalierung des Sanierungssprints ab. Zum Beispiel wird eine zentrale Marktentwicklungsstelle vorgeschlagen.

„Der Sanierungssprint spart Kosten, wertvolle Handwerkerzeit und schont die Nerven bei den Eigentümern.“ Diese Argumente nennt Darius Heller, der den Sanierungssprint für die Universität Stuttgart wissenschaftlich begleitete und entsprechende Berechnungen und Umfragen durchführte.
Bauherr Johannes Deneke stimmt zu – „obwohl wir durch die kurze Vorbereitung nicht immer auf die preisgünstigsten Handwerker zurückgreifen konnten.“ Und die Nerven? „Klar, es war stressig. Aber wir hatten Vertrauen in Ronald Meyer und sein Sprintverfahren, in unseren Planungspartner Renewa und in die Handwerker.“

„Wenn es gelingt, Handwerksbetriebe zu finden, die sich auf die enge Zusammenarbeit mit anderen Betrieben und auf die präzise Zeitplanung und Digitalisierung einlassen, sollte der Sanierungssprint zu einer gefragten Dienstleistung werden“, ist Dr. Martin Pehnt, der Leiter des ifeu-Instituts, überzeugt. Das komplette Interview finden Sie hier »
Für Ronald Meyer, den „Erfinder“ des Sanierungssprints, liegen die Vorteile sowieso auf der Hand: „Wer in Etappen saniert, wird kaum ein so gut abgestimmtes Maßnahmenpaket bekommen.“ Und: Wird ein Haus auch innen saniert, muss es unbewohnt sein. So ist wie bei den Denekes ein Eigentümerwechsel der
beste Zeitpunkt, um nach nur wenigen Wochen in ein komfortables und energiesparendes Zuhause einziehen zu können. „Oder man räumt das Haus leer, geht drei, vier Wochen in Urlaub und zieht dann ins komplett sanierte Haus ein“, entwirft Meyer ein weiteres Szenario.
Meyer perfektioniert derzeit mit seinem Planungsbüro Renaldo das digitalisierte Ablaufschema für den Sanierungssprint. Sein Ziel ist, schon bald größeren Sanierungsfachbetrieben oder sogar Bauherren ein Instrumentarium an die Hand zu geben, mit dessen Hilfe Kurzzeit-Komplettsanierungen auch ohne seine Mitwirkung durchgeführt werden können.

Auch beim Seriellen Sanieren wird der Turbo eingelegt. Dabei werden im Werk passgenaue Bauteile vorgefertigt, die auf der Baustelle nur noch angebracht werden müssen. Sanierungen können so deutlich schneller, effizienter und kostengünstiger umgesetzt werden. Hier zeigen wir, wie das innovative Verfahren funktioniert »
Eine intensive Zeit
Für die Profis vor Ort und für die Bauherren ist ein Sanierungssprint eine kurze, aber höchst intensive Zeit. Dennoch ist sich das Ehepaar Deneke sicher, dass sie es viel besser getroffen haben als viele andere Sanierer: „Wir hatten es nach 22 Tagen hinter uns. Andere brauchen dazu viel länger!“
Und so bleiben die positiven Erfahrungen – nicht nur, was den Wohnkomfort im sanierten Haus anbetrifft. Auch das „Bergfest“ zur Halbzeit des Sanierungssprints bleibt allen in bester Erinnerung: Ronald Meyer hatte eigens das Duvenstedter Orchester organisiert, das auf der Baustelle aufspielte.
Baubegleitung
- Ingenieurbüro Ronald Meyer, www.renaldo.de, www.bauingenieur-meyer.de
- Renewa Hamburg (auch Energieberatung und Fachplanung), www.renewa.de
Das könnte Sie auch interessieren




Jetzt Abo oder Gratisheft bestellen!
Lernen Sie auch unsere Zeitschrift kennen! Redaktionelle Beiträge, Tipps und Gewinnspiele rund ums Bauen, Wohnen & Leben für nur 2,20 Euro pro Ausgabe.

Gewinnspiel
Gewinne im Gesamtwert von über 4.000 Euro!
Hochwertige Möbel oder eine Küchenmaschine von KitchenAid − wir verlosen Gewinne im Wert von über 4.000 Euro. Hier mitmachen »