Bidirektionales Laden: So wird das E-Auto zum Stromspeicher

Bidirektionales Laden

Vehicle-to-Home (V2H) macht es möglich

Foto: TenneT/Sonnen

Hausbatterien sind teuer. Für einen möglichst hohen Eigenverbrauch des in der eigenen Photovoltaikanlage erzeugten Stroms sind sie aber immens wichtig.

Wer eine passende Kombination aus E-Auto und Wallbox besitzt, kann das Elektroauto als riesigen Stromspeicher nutzen. Das Elektroauto kann dann überschüssigen Strom aus der Photovoltaik-Anlage tagsüber speichern und bei Bedarf an ein elektrisches Gerät, das Haus- oder Stromnetz zurückgeben. Das geht sogar bis zur Absicherung gegen Blackouts.

Hier erfahren Sie, wie das funktioniert, welche Varianten es gibt und welche E-Autos bidirektionales Laden unterstützen.

Das erfahren Sie in diesem Artikel:

  1. Das Elektroauto als Stromspeicher nutzen: So funktioniert bidirektionales Laden
  2. Vehicle-to-Home (V2H): Wallbox als Schnittstelle
  3. Vehicle-to-Grid (V2G): zurzeit noch ein Zukunftsszenario
  4. Vehicle-to-Load (V2L): das Auto als Powerbank
  5. Liste: Diese Automodelle können bidirektional laden
  6. Fazit: Bidirektionales Laden mit dem E-Auto

Das Elektroauto als Stromspeicher nutzen: So funktioniert bidirektionales Laden

Sicherheit vor Brownout, Blackout, steigenden Stromkosten: Viele Menschen träumen davon, sich endlich unabhängig von ihrem Energieversorger zu machen. Wenn man eine Photovoltaik-Anlage auf dem Dach hat, hat man bereits den ersten Schritt in die richtige Richtung gemacht. Doch leider kann man mit der Sonne allein kaum mehr als 30 Prozent des eigenen Energiebedarfs decken, da das Wetter und der Stromverbrauch von Tag zu Tag stark variieren.

Ein Stromspeicher kann dazu beitragen, diesen Eigenverbrauchsanteil zu erhöhen, weshalb auch die Nachfrage nach solchen Hausbatterien zunimmt. Sie sind aber teuer. Eine handelsübliche Hausbatterie mit 8,8 kWh Kapazität kostet rund 7.000 Euro.

Ohne die Installation liegen die Kosten für einen Stromspeicher bei etwa 750 – 1.000 Euro pro Kilowattstunde, je nach Fabrikat, Größe und Lieferfähigkeit.

E-Auto als Stromspeicher nutzen
Wenn man sowieso ein E-Auto vor der Tür stehen hat, kann man es auch als Stromspeicher nutzen. Es gibt mehrere Varianten, mit denen man vom bidirektionalen Laden profitiert.
Renault Communications

Dabei könnte es so einfach sein: Wer bereits ein E-Auto besitzt, kann im besten Fall die Autobatterie als Zwischenspeicher für den Strom nutzen, der in Sonnenzeiten auf dem Dach produziert wird. Ein E-Auto hat Batteriekapazitäten von 50 bis über 100 kWh. Das ist ein vollkommen anderes Kaliber als die üblichen Hausbatterien, die dagegen regelrecht mickrig wirken. Das E-Auto steht sowieso im Carport oder in der Garage. Der schlaue E-Auto-Besitzer nutzt es nicht nur zum Fahren, sondern auch als Batterie.

So funktioniert bidirektionales Laden

Laden an der Wallbox
Offen für beide Richtungen: Bidirektionales Laden macht das E-Auto zum Kraftwerk fürs Haus.
Heidelberg

Möglich ist dies bereits. Die Lösung heißt bidirektionales Laden. Wortwörtlich bedeutet es, dass Laden in beide Richtungen funktioniert: von der Wallbox (und damit aus dem häuslichen Stromnetz) ins Auto – und auch andersherum.

Technische Voraussetzungen, um das E-Auto als Stromspeicher zu nutzen

Um das E-Auto als Stromspeicher zu nutzen, müssen zwei Voraussetzungen geschaffen sein:

  1. benötigt das E-Auto die Funktion, bidirektional zu laden ⇒ Weiter unten stellen wir einer Liste die Automodelle vor, die aktuell bereits bidirektionales Laden unterstützen
  2. muss das Haus über eine entsprechend ausgerüstete V2H-Wallbox verfügen, also eine Wallbox für bidirektionales Laden.

Grundsätzlich kann jeder Akku – auch im E-Auto – Strom aufnehmen und abgeben. Für das bidirektionale Laden ist aber dennoch ein Zwischenschritt erforderlich. Das liegt daran, dass Elektroautos mit Gleichstrom (DC) fahren, während im Haushalt nur Wechselstrom (AC) genutzt wird. Daher ist ein Gleichrichter notwendig, der den Wechselstrom beim Laden in Gleichstrom umwandelt. Dieser Gleichrichter befindet sich entweder im Bordladegerät des Fahrzeugs oder in einer Wallbox.

Soll der Strom aus der Autobatterie wieder ins Haus oder Stromnetz zurückfließen, benötigt man einen Wechselrichter, der den Gleich- in Wechselstrom verwandelt.

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Vehicle-to-Home (V2H): Wallbox als Schnittstelle

Sind Gleichrichter und Wechselrichter installiert, agiert das E-Auto als Stromspeicher und gibt Energie ans Stromnetz des Hauses ab. Das Auto wird dabei an einer speziellen V2H-Wallbox (Vehicle-to-Home-Wallbox) angeschlossen.

Das intelligente Energiemanagementsystem der Wallbox reguliert dann die Abgabe von Strom zum Eigenverbrauch aus dem Auto ins Haus, wenn keine andere Stromquelle verfügbar ist. V2H unterstützt die persönliche Energiesicherheit im Notfall. Im Schnitt kann man mit einem vollen Akku einen Drei-Personen-Haushalt mehrere Tage mit Strom versorgen.

Vehicle-to-home
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Hyundai

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Vehicle-to-Grid (V2G): zurzeit noch ein Zukunftsszenario

Vehicle-to-Grid ist eine weitere Variante des bidirektionalen Ladens, die noch einen Schritt weiter geht. Elektrofahrzeuge können dabei Energie zurück in das öffentliche Stromnetz einspeisen.

Die V2G-Technologie bietet mehrere Vorteile, wie etwa, überschüssige Energie aus den Batterien von E-Autos zu nutzen, um die Netzstabilität zu verbessern und die Integration erneuerbarer Energien zu unterstützen. Hier wird der individuelle Nutzen zu einem Nutzen für die Allgemeinheit. Noch ist das Thema aber ein Zukunftsszenario, weil es kaum Wallboxen und E-Autos gibt, die diese Technologie unterstützen – und es auch an Geschäftsmodellen und Regulatorik mangelt.

Vehicle-to-Grid
In Australien geht es bereits: Vehicle-to-Grid. Der Nissan Leaf des australischen Weinbauern Joseph Evans nimmt Überschüsse der hofeigenen Photovoltaikanlage auf und gibt sie bei Netzschwankungen ins Stromnetz zurück. Das bringt dem Landwirt ordentliche Vergütungen seines Netzbetreibers ein.
Nissan/Thomas Wielecki

Mehr Netzstabilität dank E-Autos

Die Vision: Dank intelligenter Software könnten Tausende E-Autos zu riesigen E-Batterien zusammengeschaltet werden, die bei Bedarf die Stabilität des Netzes sichern – indem sie im richtigen Moment Strom aufnehmen oder abgeben. Das hilft dabei, die Energiewende zu managen, denn erneuerbare Energien stehen nicht jederzeit zur Verfügung. Der Ausgleich zwischen hohen und niedrigen Lasten könnte mithilfe von vielen E-Autos besser gelingen. Das hoffen viele Ingenieure.

Vehicle-to-Load (V2L): das Auto als Powerbank

Vehicle-to-Load (V2L) ist ein weiteres praktisches Feature, mit dem man andere Elektrogeräte mit Strom versorgen kann. Das E-Auto verfügt hierbei über eine normale Schuko-Steckdose oder einen speziellen V2L-Adapter für den Ladeport des Autos.

Elektrische Geräte können während der Fahrt oder bei Pausen angeschlossen und betrieben werden. Besonders wertvoll ist die Funktion, wenn man sie beim Camping oder zum Aufladen von E-Scootern verwendet. Das Auto fungiert dann als mobile Powerbank mit Riesenakku – der sogar zur Starthilfe und zum Laden anderer E-Autos genutzt werden kann.

Vehicle-to-Load
Das Auto auf der Baustelle erspart den Netzanschluss: Ford demonstriert, wie ein massiver Pick-up die entlegene Baustelle in den USA mit Strom versorgt. Eine Nummer kleiner geht es aber auch bereits hierzulande – zum Beispiel, um den E-Scooter oder das E-Bike zu laden.
Ford Motor Company

Technische Voraussetzungen, um das E-Auto als Stromspeicher zu nutzen

Um das E-Auto als Stromspeicher zu nutzen, müssen zwei Voraussetzungen geschaffen sein:

  1. benötigt das E-Auto die Funktion, bidirektional zu laden ⇒ In der folgenden Liste stellen wir die Automodelle vor, die aktuell bereits bidirektionales Laden unterstützen
  2. muss das Haus über eine entsprechend ausgerüstete V2H-Wallbox verfügen, also eine Wallbox für bidirektionales Laden.

Liste: Diese Automodelle können bidirektional laden

Derzeit unterstützen folgende Fahrzeuge eine oder mehrere der bidirektionalen Ladefeatures, einige der genannten sollen sie durch Updates erhalten:

 

Hersteller Modelle
Audi

Q4 e-tron (geplant)

BMW

iX (geplant), i4 (geplant)

BYD

Atto 3, Tang, Han EV

Cupra

Born (77 kWh-Modell)

Fisker

Ocean

Ford

F-150 Lightning

Genesis

GV60, GV70

Honda

Honda e

Hyundai

Ioniq 5, Ioniq 6, Kona Electric (2024)

Kia

EV6, Niro EV, EV9, Soul EV (2024)

Lucid Motors

Lucid Air (geplant)

MG

MG4, MG5, Marvel R

Mercedes-Benz

EQS, EQE (geplant)

Mitsubishi

Outlander PHEV

Nissan

Leaf, Ariya (geplant)

Polestar

Polestar 3, Polestar 4 (2024)

Renault

Mégane E-Tech, Renault 5 (geplant)

Rivian

R1T (geplant), R1S (geplant)

Skoda

Enyaq, Enyaq Coupé

Tesla

Model 3 (geplant), Model Y (geplant)

Toyota

bZ4X (geplant)

VinFast

VF 8 (geplant), VF 9 (geplant)

Volvo

EX90, XC40 Recharge (geplant)

VW

ID.3, ID.4, ID.5, ID Buzz, ID.7 (2024)

EV und Wallbox für bidirektionales Laden
Elektroauto und Wallbox müssen bidirektionales Laden unterstützen. Der EX 90 von Volvo ist der erste EV-Schwede, der es können soll.
Volvo

Liste: Diese Wallboxen unterstützen bidirektionales Laden

Es sind bereits bidirektionale Wallboxen (BiDi) am Markt erhältlich, diese unterstützen in der Regel V2G und V2H. Hier eine Auswahl an BiDi-Wallboxen, mit denen bidirektional geladen werden kann:

  • Ambibox Ambicharge
  • Ford Charge Station Pro
  • Juice Booster
  • dcbel r16
  • Eaton Green Motion DC 22
  • Edison E3/DC
  • Enphase
  • Enteligent Hybrid
  • Evtec sospeso&charge
  • Kostal BDL
  • Mobilize Powerbox
  • openWB Pro
  • Sigenergy Sigen EV DC
  • Silla Duke 44 (2 x 22 kW)
  • SolarEdge
  • Sono Wallbox
  • Smartfox Pro Charger 2
  • sun2wheel two-way
  • Quasar 1 und 2
  • VW | bidirektionaler ID. Charger
  • Zaptec Go 2

V2H-Wallboxen

werden in der nahen Zukunft vermutlich von mehr Herstellern angeboten. Als Nutzer der Technologie gehört man derzeit noch zu den Pionieren. Derzeit wird noch an den Normen für das bidirektionale Laden gearbeitet, auch das Lastenmanagement im Stromnetz und die Abrechnung mit dem Netzbetreiber vor allem für die V2G-Variante steht noch aus.

E-Autos für das Netz der Zukunft

Viele Hersteller arbeiten bereits fieberhaft an Lösungen für bidirektionales Laden. So gelang etwa dem Übertragungsnetzbetreiber TenneT die digitale Vernetzung von E-Autos verschiedener Hersteller in einem virtuellen Kraftwerk. Dieses Kraftwerk nutzt Batterien von E-Autos zur kurzfristigen Abfederung von Laständerungen und Frequenzschwankungen im Übertragungsnetz.

Noch interessanter für Privatnutzer ist eine neue Möglichkeit, E-Auto-Batterien wiederzuverwenden. Denn tatsächlich ist die Ladekapazität einer E-Auto-Batterie zwar nach 1.000 bis 1.500 Ladezyklen soweit erschöpft, dass sie nicht mehr für den Einsatz im Elektroauto geeignet ist, liegt aber immer noch bei rund 80 Prozent. Die E-Auto-Batterie kann somit im "zweiten Leben" als Stromspeicher dienen. Mehr dazu in unserem Beitrag: So können E-Auto-Batterien wiederverwendet werden »

Fazit: So funktioniert bidirektionales Laden mit dem E-Auto

  • Elektroautos können als große Stromspeicher genutzt werden. Dies ist durch bidirektionales Laden möglich, das heißt, dass das Auto als Stromspeicher sowohl Energie vom Hausnetz aufnehmen als auch an dieses abgeben kann.
  • Vehicle-to-Home (V2H) ermöglicht es, das E-Auto als Stromspeicher zu nutzen, um Strom ins Hausnetz abzugeben.
  • Vehicle-to-Grid (V2G) geht noch einen Schritt weiter, indem Elektrofahrzeuge Energie zurück ins Stromnetz einspeisen können.
  • Vehicle-to-Load (V2L): E-Autos können als Powerbank für andere Elektrogeräte genutzt werden.

Wer direktional laden möchte, gehört als Nutzer der Technologie derzeit noch zu den Pionieren. Denn es gibt zwar immer mehr E-Autos, die bidirektionales Laden unterstützen, allerdings gibt es bislang erst wenige V2H-Wallboxen, die bidirektionales Laden erlauben. Dies wird sich allerdings voraussichtlich bald ändern.

Stand: Oktober 2024