Buchrezension: "Ehrensache" von Ian Rankin
Ein Inspector-Rebus-Roman (Band 4)
Schottland, Edinburgh, auf der Polizeistation arbeitet Inspektor Rebus. Dann eine Razzia in einem Bordell. Ein Mord. Eine Wasserleiche. Ein Farmer. Ein Chef. Heißt Lauterdale. Genannt Fort Lauterdale. Später „Fart Lauterdale“. Also Furz. Die Spur führt in die Highlands. Zu einem Whisky in einem Gummistiefel. Zu einer Hütte in the middle of nowhere. Ian Rankin entwirft im vierten Roman mit und um Inspektor Rebus einen Krimi mit Wortwitz, Whisky und Wasserleichen.
Lesen Sie hier einen Gastbeitrag von Rainer Horn und seine Buchrezension zu Ian Rankins "Ehrensache".
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Wenn mein Sohn Emil morgens an seiner Unterhose oder abends an den Socken schnuppert, sagt er: „Frisch wie der Morgentau“. Wenn ich einen Whisky-Rest habe, zum Beispiel einen schwierigen Bruichladdich oder einen dieser unnötigen deutschen Alpen- oder Talwhiskys, dann leere ich diese Stumpen in eine Glenlivet-Flasche. Und die Flasche stelle ich dann in einen Stiefel. Der Grund: Ian Rankin, Krimi „Ehrensache“. Im englischen Original: „Strip Jack“. Auf den Strip kommen wir noch. Jetzt erst mal zur Ursache von „Frisch wie der Morgentau“, der Stumpen-Sammlung in der Glenlivet-Flasche und der Lagerung im Stiefel: Tonkombinat, Hörbuch über schottischen Whisky. Von Gotthard Scholz und Thomas Dupont.
Darin ein Ausschnitt aus Ian Rankins Krimi. Hören Sie her (im Ernst, wird ja beim Tonkombinat auch vorgelesen): Es war wohltuend, in welcher Art und Weise sich Schottland alle paar Meilen veränderte – in der Landschaft, im Charakter und im Dialekt. Allerdings merkte man nicht viel davon, wenn man im Auto saß. … Fünf Tage waren vergangen, seit die Leiche von Elisabeth Jack gefunden worden war, vermutlich sechs Tage, seit sie gestorben war. … Die Landschaft um ihn herum wurde immer wilder. … Byars Spedition lag in einem der Orte auf halber Höhe an einem steilen Hang. … „Soll ich Kaffee kochen?“ „Nein, nicht nötig, Sheena. Ich weiß, was die Polizei am liebsten trinkt. Er zwinkerte Rebus zu. „Rein mit Ihnen, Inspektor. Nichts wie rein.“ Byars Büro erinnerte an das Hinterzimmer eines Pornobuchladens. Byars bewahrte seinen Whisky nicht im Aktenschrank auf. Er hatte ihn in einem Gummistiefel. Aus dem zweiten zog er zwei Gläser hervor und schnupperte daran. „Frisch wie der Morgentau“, sagte er und schenkte ein. … „Auf Ihr Wohl“. Er kippte den Drink in einem Schluck, dann atmete er geräuschvoll aus. Rebus, der an seinem Drink nur genippt hatte, betrachtete das Glas, dann die Flasche. Byars lachte in sich hinein. „Glauben Sie, ich geb den Knallköppen, die hier reinkommen, Glenlivet zu trinken? Ich bin Geschäftsmann, kein Samariter. Die sehen die Flasche, glauben, sie wissen, was sie kriegen, und sind beeindruckt. … Dabei kipp ich nur irgendwelches billiges Zeug in die Flasche. Den meisten fällts gar nicht auf.“ Rebus nahm an, dass das als Kompliment gemeint war.
Meine Schwester ist Englischlehrerin. Darum verfüge ich auch über die englische Ausgabe. Also Original. Übersetzungen sind ja so eine Sache. An einer Stelle wurde ich stutzig. Ich stutzte drei Mal. Mindestens. In einem engen Buchladen will Ian Rankin beschreiben, wie eng es da ist. Klingt auf Deutsch so, jetzt kommt der ganze Satz, auch die Punkte sind zitiert: „Die Gänge zwischen den Regalen waren schmal. Kaum genug Platz um einer Katze in den Hintern …“
Hä? Ich schau also nach. Im englischen Original. Da steht, spitzen Sie Ihre Krimiöhrchen: „The aisles were narrow. Hardly enough room to swing a…“ Ah, jetzt ja – jetzt kommt mein Moment, jetzt zahlt es sich aus, dass ich jahrelang mit Zeitungsschreibern, Cineasten, Musikern und Möchtegern-Intellektuellen in Kneipen rumhing. Es heißt vollständig: „Hardly enough room to swing a cat“. Das ist aus Jim Jarmuschs Film „Down by law“ (1986). Roberto Benini alias Roberto im Knast. An der Seite von Tom Waits alias DJ Zack. Benini über die beengten Verhältnisse im Knast: „There is not enough room to swing a cat“. Und das a bei cat nicht wie cät aussprechen, sondern cat. Das haben wir jahrelang gemacht. Also gesagt. In den engen Kneipen.
Jetzt noch der Originaltitel, nämlich „Strip Jack“. Es geht um einen Politiker. Den hat die Polizei bei einer Bordell-Razzia aufgegriffen. Zufällig waren genug Zeitungsleute da, die den Politiker mit dem Nachnamen „Jack“ gleich fotografiert haben. Quasi Politiker Gregor Jack wird bei Strip im rötlichen Lichtmilieu dem zeitungsseitigen Shitstorm preisgegeben. Drum „Strip Jack“. Und weil ein Kartenspiel genauso heißt. Und weil in einer Hütte in den Highlands allerhand Spiele gespielt werden.
Übrigens: Die ersten Steinhäuser gab es in Schottland. Vor 5000 Jahren. Skara Brae in Schottland / Orkney gilt als die am besten erhaltene Siedlung der Jungsteinzeit in Europa. Wird auch das „Pompeji Schottlands“ genannt.
Bauen Sie ein Steinhaus. Machen Sie Urlaub in Schottland. Trinken Sie Glenlivet. Lesen Sie „Ehrensache“ von Ian Rankin. Frisch wie der Morgentau.
Ian Rankin: Ehrensache. Goldmann Verlag, ISBN: 978-3-641-11394-0, 9,99 Euro.
Dieser Artikel ist ein Gastbeitrag von Rainer Horn. Seine gesamten Buchrezensionen finden Sie hier: Buchrezensionen unseres Gastautoren Rainer Horn »